Als Nordlicht im Süden

Gastfreundschaft pur beim Wandersegelflug

 

Im verregneten Juni zwei Wochen in Serres (Haute Provence / Frankreich) an Klaus Ohlmanns Alpensegelflugschule zu verbringen, war für die drei Braunschweiger Piloten Carsten Pohl, Frank Hofmann und Ronald Rousseaux mit ihrem Doppelsitzer Janus CM lange geplant.

Angedacht war auch, wenigstens eine Strecke (ca. 950 km Luftlinie) im Segelflug und zur Not teilweise mit dem 65 PS-Rotax zu bewältigen. Die Wetterlage in der ersten Juniwoche war jedoch so eindeutig von Gewittern und Unwettern vor allem in Süddeutschland und im Alpenraum geprägt, dass nur die Fahrt mit Anhänger blieb.

Zwei Wochen lang bot nach der Ankunft ein stationär über Irland kreisendes Tief bis in die Schweiz wechselhaftes und regnerisches Wetter – lediglich die französischen Seealpen wurden von der Sonne verwöhnt. Immerhin fünf Stunden täglich und ca. 300 km Streckensegelflug im Durchschnitt konnten erflogen werden: thermisch, per Welle und am Hang.

In der Summe gab es spannende Flüge z. T. im „petit train“ mit Klaus Ohlmann, viel Sehenswertes und einiges zu lernen.

Schließlich spitzte sich für Frank Hofmann und Ronald Rousseaux die Entscheidung für Samstag, den 23.06.07 zu: Würde es möglich sein, über den Schweizer Jura nach Deutschland und vielleicht sogar nach Braunschweig zu fliegen? Der Anhänger war inzwischen längst wieder dort und Carsten Pohl stand als Rückholer zur Verfügung.

Wolken über dem Jura

Streckenflugwolken über dem Jura

 

Am konstantesten sagten es die GFS-Karten der Wetterzentrale voraus: Ein kurzlebiger Hochkeil müsste mit seiner Lage die erste Hälfte eines Thermikfluges nach Deutschland ermöglichen. Also wurde am geplanten Tag gegen 10.00 Uhr mit vollgeladenem und –getanktem Janus im F-Schlepp gestartet. Schon eine halbe Stunde später fand sich die erste Thermik mit 1,5 m/sec. kurz nach dem Ausklinken. Teils im Hangflug, teils thermisch und später mit Motorhilfe fanden die beiden Piloten den Weg bei absinkender Wolkenuntergrenze in den Schwarzwald.

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Waren über dem Jura die Arbeitshöhen über Grund sehr gering, so standen jetzt Schauer großer Ausprägung einem Flug an den Westhängen des Schwarzwaldes entgegen. Also führte der Weg über die östlichen Ausläufer mit durch Lee-Effekte zerrissener Thermik bis unter den Stuttgarter Luftraum C. Dort zwang ein massiver Schauer zur Landung gegen 17.00 Uhr.

Jetzt erst begann der eigentlich spannende Teil des Flugabenteuers: das Segelfluggelände Wildberg war wie verlassen, extrem nass und für einen Wiederstart zu kurz. Also blieb nur die Übernachtung im Ort und die telefonische Information für den Rückholer.

Bis dieser am nächsten Abend ankommen würde war viel Zeit. Mit eingeschränktem segelfliegerischem Denken war am Morgen die Devise: „Schauen wir uns doch den nahe gelegenen Flugplatz Wächtersberg an, auf dem wir eher hätten landen sollen“. Pünktlich zum Briefing trafen die wandernden Braunschweiger Piloten ein, berichteten kurz von der Situation und erhielten prompte und unerwartete Unterstützung: Würde man bergab im F-Schlepp starten, nur einsitzig und mit eigener Motorunterstützung fliegen, sollte ein Start risikoarm möglich sein. Der Vorsitzende Bernd Goller und viele Vereinsmitglieder einschließlich des erfahrenen F-Schlepp-Piloten setzten einige Stunden ihrer Zeit ein: gegen 13.00 Uhr erfolgte der Wiederstart von Wildberg nach Wächtersberg und 45 Minuten später der F-Schlepp von dort mit beiden Piloten und wieder vollgeladenem Janus in die nächste Thermik.

Der Rest ist kurz berichtet. Viel thermisches Erfliegen der verbleibenden 430 km, etwas Motorhilfe und die D-KKMM war nach fünf Stunden im Anflug auf Braunschweig.

 

Empfangen wurden die beiden Piloten von einem erleichterten Rückholer, einer wieder entspannten Ehefrau und einem verbleibenden Braunschweiger Aero-Club-Mitglied, denn mit einer Rückkehr per Luft hatte niemand mehr gerechnet.

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D-KKMM nach der Landung in BS

 

Der eigentliche Beitrag für den fliegerischen Erfolg kam vom Wächtersberger Verein und damit geht der Dank der Braunschweiger in Richtung Stuttgart. Von dort wurde das Gesamterlebnis erst möglich gemacht und es bleibt zu hoffen, dass diese Hilfsbereitschaft den Luftsport weiterhin auszeichnet.

(Einige weitere Fotos zu diesem Bericht findet ihr in unserer Bildergalerie!)

CP, FH, RR

Kategorien: Berichte