2400km-Dreieck in die Slowakei

Hohe Tatra – das hört sich weit an. Das kleinste Gebirge Europas liegt jedoch „nur“ zwei Wandersegelflugtage – ca. 800 km Luftlinie – von uns entfernt, vorausgesetzt, die Thermik ermöglicht  entsprechende Streckenflüge.

 

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Flugplatz Jelenia Gora (Hirschberg, eine der Wiegen des Segelfluges) am Riesengebirge

Mit unserem neuen Taurus machten wir (Carsten, Frank, Ronald) uns am 12.6.2014 auf den Weg: Braunschweig  – Jelenia Gora (Hirschberg, eine der Wiegen des Segelfluges) am Riesengebirge war als erste Etappe geplant. Für diesen ersten Tag war gute Wolkenthermik über weite Gebiete vorhergesagt, die sich in der Realität als schwierig zu findende Blauthermik, immerhin bis 1800 m entpuppte. Die einfache Abstimmung während des Fluges durch das Sitzen nebeneinander machte das Fliegen sehr angenehm, besonders wenn man ab und zu über die Mitte peilt, um zu sehen welche der Wolken oder markanten Punkte der andere beabsichtigt anzufliegen. Da wir die Strecke schon kannten, machten wir bei der Ankunft einen kleinen Ausflug in Richtung Schneekoppe, zum Überflug aber fehlten am Abend die Zeit und auch die Basishöhe.

 

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Zehn Minuten nach der Landung traf Carsten als Rückholer schon ein. Ein freundlicher Empfang, ein Hallenplatz, ein kleines Hotel in der Stadt und gutes Essen rundeten den ersten Tag ab.

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Am nächsten Morgen war ein früher Start Voraussetzung für das Erfliegen der geplanten Strecke nach Spisska Nova Ves, denn von Nordwesten her war eine schnell ziehende Abschirmung schon morgens sichtbar. Die Wolkenthermik war diesmal runder und wir flogen entlang des bergigen Grenzverlaufes Richtung Slowakei – eigentlich nur in der Hoffnung, wenigstens den Flugplatz Bielsko-Biala zu erreichen. Zwar wurden die Aufwinde schwieriger zu erfliegen, schafften aber im Tagesverlauf Basishöhen von 1800 m, so dass wir schließlich die Hohe Tatra erkennen konnte. Etwas verbastelt bei hohem Gelände und schon war es dringend nötig, zusätzliche 1000m Höhe per Motor zu erwirtschaften. Bis Ronald als Rückholer eintraf, bekamen wir nach der Landung schon ein erstes Staropramen-Pils in die Hand gedrückt und für die Nacht einen Hallenplatz angeboten.

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Im Gegensatz zu Polen, der Slowakei und Tschechien ist für Ungarn die Flugplanpflicht nicht aufgehoben und wenn das Segelflugzeug ein ultraleichtes D-M… ist, wird eine Einfuhrgenehmigung, die natürlich rechtzeitig (14 Tage zuvor) zu beantragen ist, gefordert. Wir hatte schon mit Dragos Constantinescu, der ja bei uns fliegen gelernt hat, Kontakt aufgenommen, haben dann aber mit purer Vernunft für dieses Mal entschieden, nicht zu versuchen,  über Szeged in Ungarn nach Topoloweni in Rumänien zu fliegen. Ihr wisst: der Mensch braucht Visionen – vielleicht ein anderes Mal!

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Also führte uns der Weg zum etwa 300 km entfernten Nitra (auch Slowakei). Bei mäßigem Wetter für die beiden Piloten gar nicht einfach, für Frank als Fahrer geradezu entspannend: eine Tour durch eine wirklich sehenswerte Landschaft. Der Flugzeugpark ist für uns herausragend: viele in Stand gesetzte Flugzeugtypen aus dem damaligen Ostblock, hier tschechischer Bauart – im Bild eine Superaero, Bj. 1954 in Topzustand.

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Ein Land fehlte uns noch auf dem vorgesehen Weg: Tschechien. Hier sind die Spuren des früheren Sozialismus weit weniger sichtbar – in der Slowakei, wo es nach unserem Eindruck viele junge Leute gibt, die aus ihrem Land etwas machen wollen (merkt man an z.T. guten Deutsch- und Englischkenntnissen) kann man schon bei einem versehentlichen falschen Abbiegen bittere Armut sehen. In Tschechien also wollten wir eigentlich in Budweis landen, entschieden uns aber wegen der Schauer- und Abschirmungslage für Jindrichuv Hradec. Nach unserer Meinung der idyllischste Flugplatz auf der Reise, liegt auf einer Anhöhe  und gibt damit einen weiten Blick frei, in kurzer Entfernung die Stadt mit schön renovierten Häusern und einer großen Schloss-/Burganlage.

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Das Ziel des vierten Tages: Aalen-Elchingen bei Stuttgart  und bei sehr guter Wettervorhersage dann eventuell eine zusätzliche Strecke über die Schwäbische Alb. Kann das klappen? Bis zur deutschen Grenze kam der Boden eigentlich dauernd nur näher, dann noch eine knifflige Situation bei Cham und endlich wurden wir mit echtem „Hammerwetter“ belohnt: 2600 m Basis, neun Stunden Flugzeit und 651 Streckenkilometer standen auf dem Rechner.

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8_einfach_war_es_nicht.jpgDanach wurde es wirklich Zeit für den „Kulturteil“, der uns in die Stadt Nördlingen führte. Nach der Besteigung des Kirchturmes mit bester Aussicht auf nistende Störche und Wanderfalken (wir haben doch einen Hang zum fliegenden Personal) machten wir noch eine Wanderung  am Nördlinger Ries durch die Wälder dort.

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Danach blieb nur noch der Heimweg über 400km, denn ein Frontensystem würde die Schafskälte bringen. Diesen Abschnitt konnten wir bis Wolfenbüttel „nach Hause bringen“. Vorher hatte uns einmal mehr der Harz und die nach Norden absinkende Basis aufgehalten. Dafür war es in der Gegend um Rothenburg ob der Tauber thermisch einwandfrei gewesen. In der Summe haben wir weniger als eine Stunde Motorlaufzeit gebraucht (außerhalb der sowieso nötigen Startzeit) und damit den Löwenanteil der Flüge im Segelflug  (in Summe 38 Stunden)zurückgelegt. Die fliegerischen Details kann jeder im OLC nachsehen. Vielleicht findet sich ja doch zukünftig jemand, der Interesse hat, ein solches Erlebnis mit uns zu teilen. Wir würden jedenfalls 2015 wieder neue Gegenden erkunden.  Bewährt haben sich Tagesstrecken um 400 km (man kann ja verlängern und doch am vorgesehenen Ziel landen), zumal diese auch für den Rückholer erträglich bleiben – bis auf eine Ausnahme war dieser immer innerhalb einer Viertelstunde nach der Landung des Taurus vor Ort dank regelmäßigen SMS-Kontakts.

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